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Sonntag, 12. Juni 2011

Antschuldigunk.

Am Freitag war da dieser Mann in der Bahn. ich stand rechts an der Tür gelehnt, da der Ausstieg links war, von mir aus gesehen. Ich fuhr ja rückwärts. Schräg gegenüber an der Tür stand dieser Mann. Er fiel mir als erstes kurz auf weil mein Blick einmal durch die Runde streifte und er erstens ziemlich dunkel farbig war und außerdem sehr klare, fast gemalte Gesichtszüge hatte. Ich schaute ihn ein paar Mal an, aber als er meinen Blick das erste Mal erwiderte schaute ich weg. Er hatte keine schönen Klamotten an. Überhaupt nicht modisch, ziemlich schlicht, in hellen beige Tönen und die Jacke sah ein bisschen so aus wie von einem heruntergekommenem Angler. Die, die am Rhein sitzen und ihre kleinen Fisch'chen fangen, um sich dann mit den stinkenden Fischen in ihrer schmutzigen Stofftasche im Bus neben einen zu setzen. Jedenfalls fühlte ich mich ab dem ersten Blickkontakt beobachtet. Der Mann war mir irgendwie ein bisschen unangenehm, obwohl er ganz friedlich, wenn nicht sogar fast freundlich aussah. Er sah aus wie ein braver Schuljunge, aber er musste wohl mindestens 30 sein. Irgendwie musste ich immer wieder mal zu ihm hinsehen und jedes Mal schaute er mich an. Er schaute mich die ganze Zeit an. Einmal als ich es bemerkte, sah er weg. Aber alle anderen Male musste ich wegschauen, weil es mir unangenehm war. Irgendwann drehte ich mich um und schaute geradeaus der Fahrtrichtung entgegen. Ich dachte mir auch nichts weiter dabei und versuchte alle noch schwachen mulmigen Gefühle zu verdrengen. Es gelang ganz gut. Ich stieg aus und war mit den Gedanken schon beim Bus, der wohl bald kommen müsste. Als ich an der Seite des Kiosks vorbei ging, dachte ich der Mann sei hinter mir. Ich sah ihn nur ganz außen im Augenwinkel und dachte mir "Marie jetzt hast du schon wieder Hirngespinste." Also ging ich normal weiter und war gerade 10 Meter von der Haltestelle entfernt, wollte schon gucken, was auf der Anzeigentafel steht, da hörte ich hinter mir jemanden "Antschuldigunk" sagen. Ich drehte mich um und fand den Mann aus der Bahn unmittelbar vor meiner Nase. Er war nicht sonderlich groß, also waren unsere Gesichter fast auf derselben Augenhöhe. Er sagte irgendetwas, das ich nicht verstand. Vielleicht etwas wie, dass er nicht so gut deutsch spräche oder so. Und dann meinte er "...mir gut gefallen in die Bahn. Du. Also .. du meinst wir können mal trrreffen... oder?" Ich sagte nur knapp, aber höflich "Ich habe einen Freund" und er schien sichtlich enttäuscht, meinte "Ah okey, dann ... wie heißt du?". In solchen Momenten kann ich einfach nicht lügen. "Marie." "Und wie alt bist du?" Die meisten Menschen sind geschockt, wenn sie mein wahres Alter zu hören bekommen. So dachte ich es wäre gut auch hier die Wahrheit zu sagen, denn er musste mindestens Ende 20 sein. Ich schätzte ihn eigentlich auf 30. Also sagte ich "14.", aber er meinte nur "Ah... okay ..tschuuss." "Tchüss." Und ich lächelte ihn an. Es war ein kurzes Gespräch, aber allein die Tatsache, dass sich jemand so etwas traut und dann gerade an einem Tag, an dem ich selber nicht gesagt hätte ich sähe grandios aus, und eben auch wegen dem Altersunterschied, der ihn nicht zu stören schien, bereitete mir ein komisches Gefühl. Ich dachte noch öfter am Tag darüber nach. War schon ziemlich komisch, aber vielleicht mache ich mir auch mal wieder schlicht zu viele Gedanken.

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